Donnerstag, 31. Januar 2013

Books, books, books...


Swetlana Geier: Ein Leben zwischen den Sprachen. Aufgezeichnet von Taja Gut, Frankfurt am Main ²2012.

Das Buch vereint eine Reihe von Interviews (1986-2007), die der Herausgeber mit Swetlana Geier führte. Swetlana Geier (1923-2010) hat u.a. Sinjawskij, Tolstoj, Solchenizyn, Belyj und Bulgakow ins Deutsche übertragen. Für ihr Werk, das sie mit der Dostojewskij-Neuübersetzung krönte, wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Nicht zuletzt setzte ihr Vadim Jendreyko mit "Die Frau mit den 5 Elefanten" auch ein filmisches Denkmal. In den Gesprächen schildert Swetlana Geier ihre bewegte Lebensgeschichte mit unglaublichen 'Zufällen': 

"Zwei totalitäre Herrschaftssysteme unterwerfen sich den Kontinent [...]. Das alles scheint lange her und ist doch gegenwärtig in dieser Frau, die mitten hineingeboren worden ist in jene Zeit und in eine Gegend, die im Kreuzungspunkt der Schreckensherrschaften lag: ein Mensch, ein Kind, ein Mädchen mit seinen Sehnsüchten und Ängsten, seinem Anspruch auf Leben und Entfaltung, seinem unbegreiflichen Wollen. 
Swetlana Michailowna Iwanowa [...] hat noch bevor sie zweiundzwanzig war, beide Systeme in ihrer ganzen Barbarei erfahren. Dass sie dennoch, wie im Märchen, heil durch Hungersnot, stalinistischen Terror (dem ihr Vater erlag), Krieg, Flucht und Gestapo-Verhöre hindurchfand, dass sie während des Zweiten Weltkriegs als russische Ostarbeiterin in Deutschland von Deutschen aus dem Arbeitslager befreit wurde, eines der renommiertesten Stipendien erhielt und [in Freiburg] studieren konnte, bleibt ein Wunder. Das Wunder hat Gestalt und Namen, viele Gestalten und Namen: Menschen, die sich immer wieder selbstlos für sie einsetzten, ihr halfen, sie retteten. Ihnen, die Swetlana Geier im Gespräch dankbar würdigt, ist dieses Buch gewidmet." [Auszug aus dem Vorwort, S. 7f.]

Im weiteren Verlauf des Buches geht Swetlana Geier auch auf ihre Tätigkeit als Übersetzerin ein. Sie erklärt ihr 'Geiersches Gäbelchen', ihre Auffassung von Literatur, von Übersetzung etc. Auf die Frage, was ihre Übersetzungstheorie sei, antwortet sie:

"Wahrscheinlich habe ich eine; jedenfalls muss ich irgendetwas vertreten, wenn ich mit Studenten arbeite. [...] Ich habe eben eine ganz deutliche Vorstellung von dem, was das Ganze ist. Ferner befolge ich den Grundsatz, dass man vom Ganzen ins Einzelne geht, wie dickleibig das Ganze auch sein mag, und nicht umgekehrt. Und dann kommt das Handwerk mit seinen elementaren Regeln - dass man nicht anfangen darf, bevor man den Text nicht ungefähr auswendig weiß, dass man irgendwie seinen Pulsschlag hören muss [...]. Und alles andere sind dann ganz banale Anhaltspunkte: dass die Syntax beibehalten werden soll, so gut es geht; dass nichts ausgelassen wird; dass die Sätze alle stimmen und dass man den Text insgesamt - und wenn es 800 Seiten sind - so gut kennt, dass man, wenn auf Seite 130 ein Scheit Holz in den Kamin kommt, das auf Seite 625 noch weiß. Und das im Detail und in umfassenden Strukturen." [158f.]



Nach der Jesuitin von Lissabon - mein zweiter historischer Roman von Titus Müller. Pünktlich zum 100. Jahrestag des Untergangs der Titanic erschien dieses Werk, in dem der Autor erstmals ganz neuzeitliches Terrain betritt. Mir gefällt besonders, dass das Buch nicht die x-te Version eines kitschigen Titanicromans ist. Es geht eben nicht (vorrangig) um eine Liebesgeschichte auf dem Luxusdampfer. Vielmehr zeichnet Müller ein facettenreiches Portrait der wilhelminischen Gesellschaft am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Natürlich war die Titanic ein Abbild der damaligen sozialen Verhältnisse. Jedoch bindet der Autor die Titanic eher in den Kontext des Wettrüstens zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien ein. Der Titanic-Teil ist dann auch relativ kurz. Die Handlung spielt vor allem in Berlin. Die Stadt bildet eine Art 'Klammer' um den Titanic-Handlungsstrang.Wieder besticht das Buch durch seinen informativen und konzisen Anhang.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Handlung nach dem Untergang stark gerafft wird. Das ist mir schon bei der Jesuitin von Lissabon aufgefallen. Kaum ist der Dampfer untergegangen, gibt es riesige Zeitsprünge. Die Handlung wird relativ schnell zu Ende erzählt, die Ereignisse überschlagen sich förmlich. Ich weiß nicht, ob das ein Stilmittel sein soll. Oder vielleicht durfte der Roman 400 Seiten nicht überschreiten.



Für alle, die sich für die Geschichte Kolumbiens interessieren. In Comic-Form und mit leicht verständlichen Texten ist es genau das richtige für mich. Es fängt mit den 'Großen Entdeckungen' an, beschreibt dann das koloniale Zeitalter und schließlich den turbulenten Weg bis zur Unabhängigkeit. Ganz interessant finde ich, dass die Perspektive der indigenen Bevölkerung nicht vernachlässigt wurde. Ab und an taucht als eine kleiner Indianer auf und stellt gewisse Annahmen richtig, z.B. dass es sich ja bei der Vorstellung von der 'Neuen Welt' um ein europäisches Konzept handelt. 

3 Kommentare:

Iwonka hat gesagt…

Swetlana GEIER:):):):)

Guitchime hat gesagt…

"ce pigeon allemand" ;-)

Die Doku-Liebhaberin hat gesagt…

Número uno (und dos und vielleicht tres) muss ich unbedingt lesen!! Auch der Cousin von S.G. muss an dieser Stelle erwähnt werden: "Wasser für die Elefanten" war schließlich auch nicht schlecht ;) Anyways, awesome recommendations, Mister Toastbrot! :)